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Franziska Tiburtius (1843–1927)

Die auf Rügen geborene Franziska Tiburtius schrieb sich 1871 für ein Medizinstudium in Zürich ein, damals die einzige Universität Europas, die Frauen aufnahm.

Franziska Tiburtius wurde als jüngstes Kind des Gutsverwalterehepaares in Bisdamitz auf Rügen geboren. Mit neun Jahren zog sie nach Stralsund, wo sie mit ihren Schwestern eine Schule für höhere Töchter besuchte. Lehrerin wollte sie werden, den einzigen Beruf ergreifen, der für eine junge gebildete Frau infrage kam. Denn bis Frauen in Deutschland studieren konnten, dauerte es noch über vierzig Jahre.
Auf Anraten ihres Bruders Karl, der von Beruf Arzt ist, schrieb sich Tiburtius nach dem Lehrerinnenexamen im Herbst 1871 für ein Medizinstudium in Zürich ein - die einzige Universität Europas, die Frauen aufnahm. Hier begegnete sie Emilie Lehmus, mit der sie nach bravourös bestandenem Examen und Promotion Pläne für die Gründung einer Poliklinik in Berlin schmiedete. Als Ärztinnen durften sich die beiden Frauen nicht bezeichnen, weshalb sie ein heilberufliches Gewerbe anmelden mussten. Jahre und Prozesse dauerte es, bis sie die Anerkennung ihrer männlichen Kollegen erfuhren. Die Klinik wuchs unter dem Ansturm von Patientinnen und ihren Kindern. Auch Hausbesuche, die Tiburtius ausgerüstet mit medizinischem Gerät und pharmazeutischen Produkten unternahm, gehörten zum täglichen Betrieb. Aus der Poliklinik erwuchs schließlich die "Klinik weiblicher Ärzte", ein bestens ausgestattetes Krankenhaus. Hier starb Franziska Tiburtius mit 84 Jahren. Sie resümierte: "Mein Leben ist köstlich gewesen, denn es ist Mühe und Arbeit gewesen".