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Woher wissen Archäologen, was wertvoll ist?

Es sind nicht nur kostbare und fein gearbeitete Edelmetalle und Münzen, die für den Archäologen die wertvollsten Funde darstellen. Für Wissenschaftler ist ein Fund dann besonders wertvoll, wenn er Aufschluss gibt über das Verständnis von Geschichte ganz allgemein und speziell über den jeweiligen Fundort. Claudia Hoffmann betreut die Archäologische Sammlung des STRALSUND MUSEUM und erläutert das aus ihrer fachlichen Perspektive anhand eines anschaulichen Beispiels: „Wenn ich mangels anderer Quellen nicht wissen konnte, dass auf dem Grundstück, auf welchem ich ausgrabe, zeitweilig eine Hufschmiede war, sind die ersten Nägel und Hufeisen sehr wertvoll. Sie geben mir eine Idee, wer hier gearbeitet haben könnte. Wenn ich später 300 Nägel und 200 Hufeisen magaziniere, sind die einzelnen Teile nicht mehr so wertvoll. Aber die Menge selbst zeigt, wie produktiv diese Hufschmiede war und in welchen Mengen ihre Produkte angefordert wurden. Verbunden mit weiterem Wissen kann ich dann Aussagen über die Anzahl und Nutzung von Pferden und damit über Landwirtschaft, Militär, Siedlungen und Handel im Umkreis des Fundortes machen." 

 

Die Langendorfer Goldschalen bestehen aus Gold, wertvoll sind sie aber als sehr seltener und früher Fund, der mit seiner feinen Verarbeitung und kulturellen Zuordnung zu den herausragenden Stücken der Sammlung des STRALSUND MUSEUM zählt. 

Gold gilt den meisten Menschen als besonders wertvoll. Sein auffallender Glanz sowie seine besonderen materiellen Eigenschaften machten Gold zu einem beliebten Werkstoff. Gold sieht also nicht nur schön aus, sondern verändert auch bei Wind und Regen kaum seine Farbe und Struktur. Das war auch der Grund, warum die beiden Langendorfer Goldschalen ins Museum kamen. Sie wurden auf einem Feld gefunden und dienten jahrelang als Blumentöpfe. Dass sie immer noch so gut aussahen, machte den Feldarbeiter und seine Frau stutzig. Sie fragten den Lehrer ihres Kindes und der sah sofort, dass es sich um zwei wertvolle, vermutlich goldene Objekte handelte. Stralsunds Museumsdirektor Rudolf Baier wurde dazu gebeten und so kamen die beiden Schalen im Jahre 1895 ins Stralsunder Museum. 
Gold ist das dehnbarste Metall, das es gibt; auch das macht es zu einem wertvollen Ausgangsmaterial. Die beiden Schalen sind jeweils aus einem kleinen Goldstück getrieben worden und bekamen auffallende Muster. Diese eingepunzten Striche und Kreise bringen die beiden Stücke mit der Sonne in Verbindung, was die goldene Farbe noch unterstreicht. Auch die hohe Kunstfertigkeit, mit der die Schalen gearbeitet wurden, steigert ihren Wert. 
Aus Gold gefertigte Objekte findet man gehäuft im Zusammenhang mit sakralen und rituellen Handlungen, im Zusammenhang mit Repräsentation und Prestige oder als Zahlungsmittel. Da die beiden Goldschalen wahrscheinlich aus einem Grabhügel stammen, werden sie mit Bestattungsriten in Verbindung gebracht, was die Sonnensymbolik noch unterstreicht. 

Ein Fund ist für die Wissenschaft dann wertvoll, wenn er Aufschluss gibt über das Verständnis von Geschichte ganz allgemein und uns neue Erkenntnisse über den jeweiligen Fundort liefert.