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Stralsunder Spielkassette aus Eger (Cheb)

Die Stralsunder Spielkassette ist feinste Intarsienkunst aus Böhmen. In einem Zeitfenster von circa 100 Jahren sind im böhmischen Eger (Cheb) herausragende dreidimensionale Holzbilder entstanden. Aufgrund ihrer Qualität waren die Arbeiten aus Eger (Cheb) bald Teil der fürstlichen und königlichen Kunstkammern in ganz Europa und finden sich heute u.a. im Grünen Gewölbe in Dresden – und in der Sammlung des STRALSUND MUSEUM.

Die Stralsunder Spielkassette wird Adam Eck bzw. seiner Werkstatt zugeschrieben. Sie ist wohl um 1650 entstanden und zeigt auf der Schauseite eine Reliefdarstellung aus Holzintarsien von Daniel in der Löwengrube. Die dynamische Darstellung, an der selbst die Felsen teilzuhaben scheinen, ist bemerkenswert. Die Dramatik wird den Betrachtenden durch Daniels Haltung und die ihn umzingelnden Löwen eindrucksvoll vor Augen geführt.

Gesteigert wird die scheinbar ausweglose Situation Daniels durch die Löwen, die zusätzlich den Rahmen bevölkern. 

Die gleiche Technik, die das Bild nicht eingrenzt, sondern auf den Rahmen ausufern lässt, ist auf der Rückseite zu beobachten. Auch dort wachsen die über das Spielfeld des Dame- oder Schachspiels gestreuten Blumen und Früchte auf den Rahmen hinaus.

Das Trick-Track bzw. Backgammon-Spiel im Inneren ist ebenfalls pure Bewegung. Hier jedoch nach oben und unten: Während sich das Wasser aus den phantasievollen Springbrunnen nach oben schiebt, bewegt sich die zoomorphe Gestalt, die zwischen Drachen und Wasserwesen changiert, nach unten. Dieses Wechselspiel zieht sich über beide Seiten der Spielfläche – einzig unterbrochen von einem Wolkenband.

Die Intarsien sind in der Regel mit Hilfe von heimischen, gefärbten Hölzern angefertigt worden. Das Besondere an dieser Art von Spielkassetten ist nicht nur die herausragende künstlerische Qualität, sondern gleichsam die Dreidimensionalität der Bilder. Aus diesem Grund wurden die Künstler Bilderschnitzer genannt. Es handelte sich hier in den seltensten Fällen um die Arbeit nur eines Künstlers, sondern in der Regel war eine ganze Werkstatt an der Herstellung beteiligt.

Zum Weiterlesen: Jochen Voigt. Reliefintarsien aus Eger. Für die Kunstkammern Europas. Halle (Saale) 1999.

https://www.restauro.de/reliefintarsien-aus-eger/

http://www.reliefintarsien.de/