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Stralsunder Fayencen

Die Stralsunder Fayencenmanufaktur war eine der größten an der Ostsee und zählte zu den modernen Betrieben, die in der Zeit Schwedisch Pommerns am Strelasund gegründet wurden.

1753 erwirbt der Stralsunder Kaufmann Joachim Ulrich Giese – eigentlich der Sommerfrische wegen – die Insel Hiddensee, wo er wertvolle Tonvorkommen entdeckt. Die will er gewinnbringend einsetzen und gründet in der Tribseer Straße eine durchaus rentable Fayencenmanufaktur. Allerdings gibt er sie wegen zahlreicher anderer Geschäfte 1766 an Eberhard Ludwig Ehrenreich, bis dahin Leiter der Stockholmer Manufaktur Marieberg, ab.
Ehrenreich siedelt mit 40 Mitarbeitern, Drehern, Malern und anderen Handwerkern über an den Sund und entwickelt den Betrieb in wenigen Jahren zu einer der führenden Manufakturen in Nord-, Mittel- und Osteuropa. Mit 77 Beschäftigten betreibt er 1769 das größte Unternehmen der Stadt und die größte Keramikmanufaktur im Ostseeraum.

Aus dieser Blütezeit stammt das von Friedrich Rose entworfene und von Johann Otto Frantzen bemalte prunkvolle Schreibstück. Aus einer auf Erdformationen liegenden muschelförmigen Federschale, geschmückt mit 'teutscher' gestreuter Blume, erhebt sich ein Sockel, gleichsam als Podest für eine manieristisch gedrehte Frauengestalt. In den Sockel eingelassen sind zwei Öffnungen für Tinten- und Streusandfass. Die Figur stützt sich mit dem rechten Arm auf einen rückseitig entspringenden Baumstamm. Sie ist bekleidet mit einem antikisierenden violetten Gewand, das beim Tritt auf den Sockel wallend aufspringt und ihr weißes Bein vor dem flaschengrünen Futterstoff plastisch hervorhebt. Vermutlich hat ihr linker, heute nicht mehr vorhandener Arm, das Gehäuse für eine Uhr gehalten. Mit verträumtem Blick, leicht ins Profil gerückt und bloßen Brüsten, lädt sie ihr Gegenüber entgegen aller zeitlichen Grenzen ein, die Gedanken schweifen zu lassen.